von Stefan Meißner
7.1 Das Geschichtsbild des Buches Exodus
Büste des Pharaos Echnaton |
Die frühe Geschichte des Gottesglaubens in Israel ist heftig umstritten. Die alttestamentlichen Texte betonen zwar die Kontinuität der Gottesverehrung Israels. Sie unterstellen auch, dass Israel schon immer Jahwe und ihn allein verehrt hat, wenn auch noch nicht immer unter seinem Namen, der erst Ex 3 offenbart wird.
Es gibt allerdings Hinweise, dass es auch im alten Israel, ähnlich wie in seiner Umwelt, polytheistische Strömungen gegeben haben könnte. So wurde beispielsweise die Pluralformulierung in der Schöpfungsgeschichte: „Laßt uns Menschen machen..“(Gen 1,26) mit einem Götterpantheon in Verbindung gebracht, dessen höchster Gott Jahwe sei. Auch hat man in den 70er-Jahren Inschriften in Judäa und auf dem Sinai gefunden, die von „Jahwe und seine[r] Aschera“ sprechen. Man muss diese Texte wohl so verstehen, dass hier dem männlichen Stammesgott Jahwe die auch aus Kanaan bekannte Göttin Aschera als dessen Gattin zugeordnet wurde (vgl. dazu Gerstenberger, Erhard S.: Jahwe - ein patriarchaler Gott? Traditionelles Gottesbild und feministische Theologie. Stuttgart u.a.: Kohlhammer, 1988, 37-50).
Es spricht in der Tat vieles dafür, dass sich der ausschließliche Jahwe-Glaube in Israel erst in der frühen Königszeit (9. Jhd.: Elia: 8. Jhd. Hos) durchgesetzt hat, als es zur Auseinandersetzung mit der kanaanäischen Religion kam (M. Smith: „Jahwe-allone-party“). Manche Ausleger sehen einen exklusiven Monotheismus, der die Existenz anderer Götter neben Jahwe ausdrücklich bestreitet, in Israel erst in der exilisch-nachexilischen Zeit als gegeben an (vgl. Jes 44,6; Dtn 6,4). Für die Zeit vorher spricht man oft von Henotheismus, Monolatrie oder praktischem Monotheismus. Damit ist ein Glaube umschrieben, der nicht die Existenz anderer Götter neben Jahwe verneint, wohl aber deren Verbindlichkeit (Mi 4,5). Kultisch verehrt wird jedenfalls nur ein Gott.
Welche Rolle Mose bei der Einführung des Jahwe-Glaubens in Israel gespielt hat, ist schwer zu sagen. Immerhin ist in Inschriften und Archiven des 14./13.Jhd. wiederholt von „Jahwe-Nomaden“ (Š3sw-Yhw3=Shasu Jahwe) die Rede, die im Südosten Palästinas, genauer südlich des Toten Meeres, zu lokalisieren sind. Könnte Moses bei seinem Aufenthalt in Midian (Ex 2) dort den Berggott Jahwe kennen gelernt haben (Keniter-/Midianiter-Hypothese)? Sein Schwiegervater, der Priester Jithro, könnte dann das Bindeglied gewesen sein.
Rainer Albertz scheint Recht zu haben, wenn er sagt, „die Rolle des Mose für die Anfänge der Religion Israels“ sei „absolut notwendig“ (Religionsgeschichte Israels in alttestamentlicher Zeit, Bd.1, S. 79). Er glaubt, „dass der in der wilden, zerklüfteten Bergwelt Südpalästinas beheimatete Gott Jahwe unter anderem auch von den nomadischen Midianitern bzw. Kenitern verehrt wurde. Es ist durchaus wahrscheinlich, dass Mose diesen Gott erst durch die Vermittlung seines midianitischen Schwiegervaters kennen lernte, bevor er das Orakel von ihm erhielt, das ihn nach Ägypten zurückschickte und zum Befreier seiner Gruppe machte“ (S. 84). Ob diese frühe Form der Jahwe-Verehrung allerdings schon eine ausschließliche gewesen ist, ist angesichts der oben genannten Texte mehr als fraglich. Auf jeden Fall sind Versuche, die Religion der (Proto-)Israeliten in Ägypten mit dem solaren Monotheismus Ägyptens unter Pharao Echnaton (Amenophis IV.) in Verbindung zu bringen (Sigmund Freuds; vgl. auch Jan Assmann), zum Scheitern verurteilt.
Moses und die altägyptische Esoterik |
Der Dichterfürst Friedrich Schiller vertritt in seiner
Vorlesung eine hochspekulative Theorie, die in ihrer Entfaltung auch noch
durch antijüdische Ressentiments belastet ist: Der Monotheismus, den
Moses den Israeliten vermittelt, stammt angeblich aus dem esoterischen Wissen
der alten Ägypter. Dazu ein Quellentext: http://gutenberg.spiegel.de/schiller/moses/moses.htm |
Arbeitshinweise
1.) Die Berufung des Mose (Ex 3,1-4,17) erfolgt nach
dem Schema prophetischer Berufungsberichte. Versuchen Sie dieses herauszuarbeiten,
indem sie den Text etwa mit Jer 1 vergleichen.
2.) Der Gottesname "Jahwe" gibt Anlass zu
unterschiedlichen Interpretationen. Schon die Übersetzung von Ex 3,14s
aus dem Hebräischen ist schwierig. Hier einige Kostproben:
„Ich bin, der
ich bin“ (Elberfelder; Schlachter)
"Ich werde sein,
der ich sein werde." (Luther, 1984)
"Ich bin euer
Gott, der für euch da ist." (Hoffnung für alle)
„Ich bin da“(Gute
Nachricht-Bibel)
"Ich bin der
'Ich-bin-da' " (Einheitsübersetzung)
„Ich bin der,
als der ich mich erweisen werde“
„Ich bin der
Seiende“ (Septuaginta: ego eimi ho on)
Ziehen Sie weitere Übersetzungen
heran und vergleichen Sie!