Halacha und Haggada
Etwas vergröbernd kann man sagen: Während das Christentum
eine Religion des Glaubens ist, stellt das Judentum eine Religion des
Tuns dar. Das brachte, namentlich seit der Zerstörung des Jerusalemer
Tempels, eine Konzentration auf das jüdische Religionsgesetz (Tora)
mit sich, das dem Menschen je neu den Weg durch das Leben weisen sollte.
Diesen kontinuierlichen Prozess der Gesetzesauslegung bzw. dessen literarischen
Niederschlag nennt man "Halacha"
(hebr.: "halach" = "gehen").
Die Haggada ("lehaggid" = "erzählen"
nennt man dem gegenüber die nicht-gesetzlichen oder besser: nicht-halachischen
Formen der Schriftauslegung. Dabei liegt der Schwerpunkt auf erläuternden
und begründenden Erzählungen, weshalb man bei der Haggada von einer Art
"narrativer Theologie" des Judentums sprechen könnte. Hier werden
sehr wohl konkrete Aussagen über Gott und die Welt gemacht, die aber (anders
als im Christentum) nicht in die Form allgemeinverbindlicher Dogmen überführt
wurden. Im Gegenteil besitzt im Judentum die Haggada gegenüber der Halacha
eine geringere Bedeutung.
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