Theologe Pauly: Glaubender Mensch ist das Gemeinsame
Der langjährige Geschäftsführer der Gesellschaft für
christlich-jüdische Zusammenarbeit Pfalz, Wolfgang Pauly,
hat die Religionen dazu aufgerufen, ihre Absolutheitsansprüche abzulegen.
Auch „verdeckte Zeichen der Überle-
genheit“ verhinderten ein besseres Miteinander der verschiedenen
Religionsgemeinschaften, sagte der Landauer katholische Universitätstheologe
dem KIRCHENBOTEN.
Als positive Beispiele einer Neubesinnung nannte der Theologieprofessor
die Neuformulierung der katholischen Karfreitagsfürbitte für
Juden nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962 bis 1965) und die Abkehr
der evangelischen Kirche von der Judenmission.
Vor 30 Jahren wurde die rund 120 Mitglieder zählende Gesellschaft
mit Sitz in Landau von Vertretern der christli chen Kirchen sowie der
Jüdischen Kultusgemeinde gegründet, um die gegenseitige Verständigung
zu fördern. Unterschiedliche Glaubensüberzeugungen müssten
akzeptiert und als willkommene Ergänzung der eigenen Religion wertgeschätzt
werden, sagte Pauly, der auch katholischer Vorsitzender der Gesellschaft
ist. „Besitzansprüche“, die davon ausgingen, den einzig
wahren Weg zu Gott zu kennen, seien ein Hauptgrund dafür, dass Gewalt
unter den Menschen entstehen könne. Zudem sei es „unmenschlich“,
den eigenen Glauben als absolut und allgemein gültig zu setzen. Dies
verhindere ein Gespräch der Menschen auf Augenhöhe, sagte Pauly,
der 2015 für seine Verdienste um die Theologie und den interreligiösen
Dialog mit dem Kulturpreis der Internationalen Paulusgesellschaft gewürdigt
wurde.
Das Gemeinsame der Religionen sei der glaubende Mensch, der-seinen Gottesglauben
nur anders ausdrücke. Gemeinsame Gebete, wie das Trauergebet von
Christen und Muslimen für die Opfer der BASF-Explosionskatastrophe
in Ludwigshafen, könnten trotz aller theologischer Unterschiede eine
wichtige Basis für die Verständigung bieten. Im Blick auf das
Miteinander von Christen und Juden sei in den vergangenen Jahren „unendlich
viel geschehen“, sagte Pauly. Viele Berührungsängste und
gegenseitige Vorurteile seien abgebaut worden. Dazu hätten die mehr
als 80 regionalen christlich-jüdischen Gesellschaften in Deutschland
einen wichtigen Beitrag geleistet. In der Pfalz seien die Beziehungen
zu den Gemeinden der Jüdischen Kultusgemeinde der Rheinpfalz in Speyer
und in Kaiserslautern ausgebaut worden.
Mit Erwartungen im interreligiösen Gespräch dürfe die
relativ kleine jüdische Gemeinde mit ihrem hohen Anteil von Zuwanderern
aus den früheren Sowjetstaaten nicht überfordert werden, sagte
Pauly. Christen, die sich auf die jüdischen Wurzeln ihres Glaubens
besännen, könnten auch den großen Reichtum und die Schönheit
der jüdischen Kultur, etwa in Musik und Literatur, für sich
entdecken.
Quelle: Evang. Kirchenbote Ausgabe 2/2017, S. 3
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