Mohammeds Mörder

von Neta Golan

Ich hatte den Tag verbracht mit den Dorfeinwohnern von Deir Istiya, wo wir Bäume auf Land pflanzten, auf das die Siedler von Yakir ein Auge hatten.

Ich war auf meinem Heimweg. Zwei Soldaten erkannten mich und fragten mich auf hebräisch: "Neta, wie geht´s dir?" Für sie war ich eine willkommene Ablenkung.

"Weißt du, mit wem ich spreche?" Einer von ihnen telefonierte mit einem Freund auf seinem Handy. "Neta von 'Peace Now'" (Ich bin nicht von 'Peace Now', aber das war wohl das linkeste, was er sich vorstellen konnte.)
Wir unterhielten uns. An einer Stelle sagte einer der Soldaten zu mir: "Wenn ich einen Terroristen auf dem Boden sehe, in seinem eigenen Blut, dann macht mich das an". Er zögerte, bevor er fortfuhr. Er wollte mir irgend etwas enthüllen, auf das er stolz war."Vor einiger Zeit da hob jemand in dem Dorf Hares einen gewaltigen Brocken auf, um ihn gegen mich zu schleudern. Weißt du, was ich tat?", fragte er. Ich wusste es.
- "Du hast ihn umgebracht."
- "Ganz recht," grinzte er selbstzufrieden.
Ich kenne die beiden Kinder und den jungen Vater, die in den letzten 15 Monaten von Israelischen Soldaten in Hares ermordet wurden, deshalb fragte ich ihn, wann es passierte, an welchem Tag?

Und während er antwortete, wurde mir klar: Der Soldat, der mir da gegenüber stand, war der Möder meines Freundes Muhammad Daud.
- "Ich will dir sagen, wen du da umgebracht hast", sagte ich.
- "Nichts dagegen".
- "Ich weiß, dass es dir nichts ausmacht, aber ich möchte, dass du weißt, wenn du umgebracht hast. Sein Name war Muhammad Daud, er war 15 Jahrer alt, er war geistig zurückgeblieben, und ich liebete ihn sehr..."

Ich erzählte ihm alles über Mohammed, an das ich mich erinnerte und über seine Familie. Er wollte es nicht hören. "Ich weiß, wo er stand", sagte ich. "Ich sah sein Blut auf der Erde. Unmöglich kann er einen Stein auf dich geworfen haben aus dieser Entfernung, und schon gar nicht einen dicken Brocken."
- "Du warst nicht dabei." Er schie mich nun an.
- "Okay. Aber du warst dabei. Also erzähl du es mir! Was denkst du, wie weit hätte er diesen 'Brocken' werfen können? Drei Meter? Zehn Meter? Nehmen wir einmal an, es wäre körperlich möglich gewesen, ihn 100 Meter zu werfen - du warst über 300 Meter entfernt.
- "Du warst nicht dabei."
- "Richtig, ich war nicht dabei. Du warst dabei. Deshalb sag du es mir: Wie weit warst du entfernt, als du ihn ermordet hast?"
Er versuchte, mich aufzuhalten, aber ich ließ mich nicht. Es war alles, was ich noch tun konnte. Und die Tatsache, dass er es nicht hören wollte, war das einzige Anzeichen dafür, dass vielleicht irgendwo tief in seinem Innersten ein Stück Menschlichkeit immer noch intakt war in diesem Jungen.

Nachdem sie weg gegangen waren, war ich glücklich, dass ich Freunde bei mir hatte, die mich hielten, als ich weinte. Seinen Mörder zu treffen, riss die Wunde wieder auf, die der Verlustes meines Freundes geschlagen hatte, eine Wunde, die niemals geheilt war. Mir wurde klar: Wenn es irgendeinen bösen Menschen auf dieser Welt gab, dann war es der Soldat, mit den ich gerade gesprochen hatte - und dennoch: Er war ein Junge, ein ignoranter und dummer Junge, dem man nie hätte so viel Macht hätte geben dürfen. Der nie einen Fuß in irgend ein Dorf hätte setzen dürfen. Dem man nie hätte ein Gewehr in die Hand geben dürfen.

Junge Soldaten, viele davon wie der Mörder Mohammeds, kontrollieren jeden Aspekt des Lebens von Millionen Palästinensern in den besetzten Gebieten. Ignorante Jugend wie diese hat die Macht über Leben und Tod palästinensischer Eltern und Kinder gleichermaßen.
Das kann so nicht weiter gehen.
Diese Ungerechtigkeit zu stoppen, dazu brauchen wir Hilfe.
Helft uns.

In Solidarität,
Neta Golan

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