Das Reformjudentum

von Sebastian Heib

Die Reformbewegung ist eine moderne Interpretation von Judentum, eine Antwort auf die veränderten Bedingungen der Neuzeit. Ihren Ursprung hat sie in Deutschland, da hier der Ruf nach einer Reform nicht oder nur wenig wahrgenommen wurde, wanderten die entschiedeneren Reformer zum größten Teil in die USA ab. Seit 1810 kam es in privaten Zirkeln zu ersten praktischen Änderungen der Gottesdienstordnung (Kürzungen, Chorgesang, Orgelmusik),
ab 1842 wurden Reformen offen gefordert.

Der Gottesdienst wird neu gestaltet, die Predigt und das Gebet in der Landessprache wurden üblich, Ritualgesetze (z.B. koscher essen) werden als lehrreich und inspirierend, aber nicht als bindend betrachtet. Die ethischen Gesetze des Judentums hingegen (z.B. Wohltätigkeit) werden als Ausdruck des göttlichen Willens gesehen. Bräuche und Glaubensansichten, die dem modernen Weltbild nicht entsprechen, werden nicht befolgt. Glaube darf nicht im Widerspruch zur Vernunft stehen. Es wird versucht, das orthodoxe Gesetz an die modernen Lebensverhältnisse anzupassen (Anpassung der Juden an die westliche Kultur). So sind z.B. Mann und Frau gleichberechtigt (seit 1972 werden auch Frauen zu Rabbinerinnen ordiniert), teilweise wird sogar auf die messianische Hoffnung und auf die traditionelle Bindung an das Hl. Land verzichtet. Es gibt keine Absonderung von Nichtjuden, auch gemischte jüdisch-nichtjüdische Ehepaare werden meist als Mitglieder in die Gemeinden aufgenommen. Selbst wenn die Mutter Nichtjüdin ist, werden die Kinder in die Gemeinde aufgenommen (nach strengem jüdischem Gesetz gelten nur solche Kinder als Juden, bei welchen die Mutter Jüdin ist, da dies eindeutig nachgewiesen werden kann).

Im Gegensatz zu den USA etwa haben in Israel aufgrund des orthodoxen Religionsmonopols Reformgemeinden mit erheblichen Problemen zu kämpfen. Nichts versetzt einen orthodoxen Juden mehr in Rage als ein Reformjude, da dieser im Gegensatz zu einem normalen Goj (Nichtgläubigen) eine echte Anfrage an die jüdische Orthodoxie darstellt. So sind die Gräben tief zwischen orthodoxen und liberalen Juden, tiefer vielleicht noch als die zwischen den verschiedenen christlichen Konfessionen.

Bücher zum Thema von unserem Partner www.amazon.de.
Bei Interesse klicken Sie einfach auf das Bild!
Joyce Hannover:
Gelebter Glaube.
Die Feste des jüdischen Jahres
Alfred Burchartz:
Israels Feste. Was Christen davon wissen sollten
Israel M. Lau:
Wie Juden leben. Glaube-Alltag-Feste
Innerhalb Deutschlands kostenloser Versand!