Judentum im Überblick (1)

Jüdisches Leben

von David Seldner


Geburt und Aufnahme in den Bund
Das erste große Ereignis nach der Geburt findet am achten Tage statt, sofern das Neugeborene ein Junge ist. An diesem Tage werden männliche Juden beschnitten (Brit Millah), dies ist die immer wiederkehrende Bekräftigung des Bundes, den G'tt mit Abraham schloß. Die Beschneidung wird von einem ausgebildeten Spezialisten, dem Mohel, durchgeführt. Dieser Akt ist von großer Bedeutung, auch die meisten nichtreligiösen Juden lassen ihre Söhne beschneiden. So merkwürdig es klingen mag, ist die Beschneidung vor allem für Frauen von Nutzen. Denn die Ge-bärmutterkrebsrate bei Frauen, deren Ehemann beschnitten ist, ist (wohl aus hygienischen Grün-den) wesentlich geringer als bei Frauen von unbeschnittenen Männern. Die Männer wiederum sind vor dem Problem der Vorhautverengung geschützt.
Als Kind ist man - religiös gesehen - für seine Handlungen nicht selber verantwortlich, dies ist erst mit der religiösen Volljährigkeit der Fall. Im Alter von 13 Jahren haben Jungen die Bar Mizwa, die Aufnahme als vollwertiges Mitglied in die religiöse Gemeinschaft, und sind ab diesem Tage für ihre Taten selbst verantwortlich. Da Mädchen sich schneller entwickeln als Jungen, findet ihre Aufnahme in die Gemeinschaft (Bat Mizwa) ein Jahr früher statt, mit 12 Jahren.

Eheschließung und Familie
Das nächste große Ereignis im Leben ist die Chuppah, die Eheschließung, die so heißt, da sie unter einem Baldachin (einer Chuppah eben) stattfindet, zur Erinnerung an die Zeit in der Wüste. Die Ehe ist das Fundament einer Familie, die in der jüdischen Religion eine tragende Rolle spielt. Klassisch ist es natürlich so, daß der Ehemann dafür zu sorgen hat, daß die Familie leben kann, genug zu essen und zum Anziehen hat, während die Ehefrau die Familie durch die Höhen und Tiefen zu steuern hat und den Geist, der im Hause herrscht, bestimmt. Aus diesem Grunde muß der Mann im Ehevertrag (Ketubbah) der Frau zusichern, daß er für ihre Unterstützung sorgen wird, und - so die Ehe auseinander gehen sollte - ihr eine festgelegte Summe zukommen lassen wird. Denn so wichtig die Ehe als Basis ist, so wenig Sinn hat es, eine Ehe aufrecht zu halten, wenn beide nicht mehr miteinander können. In der Praxis versucht der Rabbiner in einem solchen Falle, zwischen den Ehepartnern zu vermitteln, eine Scheidung aber durchzuführen, wenn er von der Hoffnungslosigkeit überzeugt ist und beide Partner zustimmen.
Diese Anschauungen über das Zusammenleben von Mann und Frau schlagen sich auch in der Sexualität nieder. Geschlechtsverkehr ist eine heilige Sache, denn bei der Vereinigung des männlichen und des weiblichen Elementes kommt man dem G'ttlichen nahe. Denn G'tt ist sowohl männlich als auch weiblich. Laut dem jüdischen Gesetzeskodex hat der Mann den Geschlechtsakt so auszuführen, daß er der Frau Vergnügen bereitet. Sollte sie seinem Drängen nicht ähnliche G-fühle entgegen setzen, so darf er nicht insistieren, während er im umgekehrten Falle nicht ablehnen darf. Am Schabbat jedoch sollte ein Beischlaf stattfinden.

Lebensführung
Das Judentum beschäftigt sich vorwiegend mit dem Leben, dem Hier und Jetzt und versucht, Anleitungen dafür zu geben. Das Wichtigste ist schlichtweg, ein guter Mensch zu sein. Während des ganzen Lebens sollte man möglichst viele gute Taten vollbringen. Es gibt 613 Gebote und Verbote, Mitzwot genannt. Mitzwa, der Singular von Mitzwot, bedeutet so etwas wie "gute Tat", aber auch "Pflicht" oder "Gebot". Vereinfacht gesprochen, sammelt man umso mehr Pluspunkte, je mehr Mitzwot man vollbringt. Eine Mitzwa ist es beispielsweise, koscher zu essen, eine andere, den Schabbat zu halten. Aber auch jemandem anders zu helfen ist eine Mitzwa. Für Männer ist es eine Mitzwa, in die Synagoge zu gehen, Frauen haben weniger Mitzwot als Männer zu befolgen.

Tod und Trauer

Der Tod ist einfach ein Bestandteil des Lebens. Sinn der Trauerphasen ist nicht in erster Linie, die Verstorbenen zu ehren, sondern eher eine Rücksichtnahme auf die Gefühle der Trauernden und eine Anleitung, wie diese damit umgehen sollen. Es gibt drei Trauerphasen: Zuerst sitzt man Schiwa ("Schewa" heißt sieben und deutet auf die siebentägige Trauer hin), d.h., man bleibt allein mit der Familie und seinem Schmerz. Kondolenzbesuche sind bis zur Beerdigung (die möglichst am gleichen Tage stattfinden sollte) nicht unbedingt erwünscht, da die Trauernden sich meist nicht in einem "besuchsbereitem" Zustand befinden, sie sollen sich ihrer Trauer ungehemmt hingeben können. In der zweiten Phase, die bis 30 Tage nach dem Todesfall dauert, soll man wieder anfangen, in das Leben zurückzukehren. Denn auch wenn ein geliebter Mensch verstorben ist, hat man selber noch dieses Leben zu leben. Nach Ablauf der dritten Phase (nach einem Jahr), während derer nicht getanzt werden soll und man sich von vergnüglichen Veranstaltungen fern halten soll, soll man sogar entsprechende Veranstaltungen besuchen, um sich wieder des Lebens zu erfreuen.
Jedes Jahr am Todestag soll für die verstorbenen Ehepartner und Eltern Kaddisch, das Totengebet, gesagt werden und es wird eine 24 Stunden brennende Kerze angezündet, um die Erinnerung an den Verstorbenen wach zu halten. An vier Tagen im Jahr gibt es darüber hinaus bei der Seelengedächtnisfeier im G'ttesdienst die Gelegenheit, der Toten zu gedenken. Besuche auf dem Friedhof sind im allgemeinen nicht üblich, um die Ruhe der Toten nicht zu stören. Eine Ausnahme ist die Zeit um das Neujahrsfest, während den Besuchen legt man dann als Zeichen des Andenkens Steine auf das Grab.

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